Auszug aus der Veröffentlichung "Frankreich lohnt sich"
Der erste Eindruck ist oft der richtige Eindruck, vor allem dann, wenn er schlecht ist!
Deutschland
Zweck
Hier ist man sachorientiert. Wenn man zusammenkommt, geht man davon aus, dass alle Parteien klare Intentionen haben.
Der Kontakt auf zwischenmenschlicher Ebene hält sich in Grenzen.
Zeit
“Time is money” – diesem Motto getreu will man schnell zur Sache kommen. Das Kennenlernen ist sehr kurz.
Art und Weise
Man hält keine lange Vorrede und erlaubt sich keine persönlichen Abschweifungen – „Geschäft ist Geschäft und Schnaps ist Schnaps“ – „Business is Business“. Stattdessen stellt man das Unternehmen und seine Funktion vor und kommt schnell zum eigentlichen Grund des Treffens. Das heißt, man steigt direkt mit der berühmten „Präsentation“ in die Verhandlung ein.
In Deutschland betrachtet man dieses Verhalten als sachlich, es wird als Zeichen von Professionalität gewertet.
Informelle Gespräche werden als Zeitverlust empfunden.
Frankreich
Zweck
Hier ist man personenorientiert.
Individualisten müssen zuerst Vertrauen aufbauen, bevor sie mit Anderen zusammenkommen.
Alle menschlichen Bedürfnisse müssen berücksichtigt werden – und zwar auf funktionaler, sozialer und selbstverständlich auch auf emotionaler Ebene.
Ziel 1: Kontaktperson einschätzen – Freundschaft schließen
In der Regel legen Franzosen großen Wert darauf, mit Menschen zusammenzuarbeiten, die sie sympatisch finden und mit denen die Zusammenarbeit Spaß macht.
Wenn diese Tendenz auch aufgrund der zunehmenden Konkurrenz abnimmt, bleibt es die Grundhaltung.
Im Vordergrund steht der Mensch und zwischenmenschliche Beziehungen haben oft Vorrang.
Ziel 2: Kontaktperson einschätzen – Sicherheit
Polyvalente gehen davon aus, dass es im Rahmen des Geschäftslebens Vorkommnisse gibt, die Planungs- und Projektänderungen erforderlich machen.
Um beim Auftreten solcher Ereignisse mögliche Konflikte zu vermeiden, will man das Empathievermögen des zukünftigen Partners abschätzen. Man will prüfen, ob er in der Lage ist, sich in die Problematik des Anderen hineinzuversetzen und ihm während der Verhandlung beim Auftreten von Problemen entgegenkommen wird.
Es ist ein Beurteilungsprozess bezüglich der Persönlichkeit des Menschen – „To check out the people“ sagen auch die Amerikaner.
Individualisten muss man überzeugen, dass man ein Partner ist, der einen bei Problemen nicht im Stich lässt, der sich nicht an Verträge festklammert und der nicht versuchen wird, jemand Anderem die Schuld für Probleme zuzuweisen. Wichtig ist es zu überzeugen, dass man ein entgegenkommender und kompromissbereiter Partner ist, indem man bereits im Vorfeld der Geschäftsbeziehung sein Empathievermögen zeigt.
Während in Deutschland die Vertrauensbasis vornehmlich auf der Sachebene beruht, muss man in Frankreich zuerst eine personenbezogene „Complicité“ – sozusagen eine gute Partnerschaft – schaffen. Man muss also in den Mensch „investieren“ und echtes “Beziehungskapital” schaffen. Beziehungsmanagement ist hier kein leeres Wort.
In Frankreich ist Vertrauen menschenbezogen, und man muss Vertrauen gewinnen, bevor man mit jemandem ins Geschäft kommt.
Der Kaufmann braucht sowohl Fachwissen als auch ein Minimum an sozialer Kompetenz.
Zeit
Man muss sich Zeit zum „Kennenlernen” nehmen und nicht schnell zur Sache kommen wollen. Man muss wirklich Zeit opfern, sollte diese aber nicht als verlorene Zeit, sondern als Investition in eine solide Vertrauensbasis betrachten.
Art und Weise
Es empfiehlt sich, nicht sofort auf der Sachebene zu kommunizieren: Man darf nicht zu direkt sein und nicht mit der Tür ins Haus fallen!
Es wird sogar als unkultiviert betrachtet, sofort mit einer sachlichen Argumentation zu beginnen.
Da es sich um den Aufbau menschlicher Beziehungen handelt, versucht man, Gemeinsamkeiten mit seinem Gegenüber herzustellen.
Dafür gibt es:
- Vorgespräche über geschäftsferne Themen – “zum warm werden”. Amerikaner nennen dies „Icebreaker“, „Plappern gehört hier wirklich zum Handwerk“.
Es ist wichtig, auf die Person einzugehen, denn man bewegt sich auf einer sehr persönlichen Ebene.
In Großbritannien spricht man bspw. über das Wetter.
In Frankreich spricht man hauptsächlich über Themen wie bspw.
- Politik (dafür gibt es eine ganze Reihe von Themen, wie zum Beispiel das Verhältnis zwischen Berlin und Paris, die EU und Beitrittsländer, der Euro und ähnliche);
- Kultur (ob Kunst, Musik oder Sport – besonders während der Weltmeisterschaften);
- Restaurant-Empfehlungen;
- Mit Geschäftspartnern, die man schon lange kennt, redet man auch über Themen wie Familie und Urlaub.
Auf jeden Fall sollte man warten, bis der Geschäftspartner mit professionellen Themen beginnt, bevor man auf den eigentlichen Anlass des Gespräches zurückkommt – „Au fait, que fait on pour…“ („Übrigens was geschieht denn mit…“).
- Soziale Rituale wie Geschäftsessen sind nicht nur eine nette Geste gegenüber dem Geschäftspartner, sondern auch ein Moment, in dem man sich auf den Partner konzentriert, um Freundschaft zu schließen oder bereits bestehende Freundschaft zu bekräftigen.
Währen des Essens werden keine beruflichen Themen angesprochen – es sei denn, dass der Partner diese selber einleitet.
In der Regel werden berufliche Themen nur am Ende angesprochen – und zwar zwischen dem Käse und der Nachspeise „entre la poire et le fromage“. Dies ist als Übergang zu anderen Gesprächen zu betrachten, die dann nicht unbedingt am Tisch stattfinden.
Seien Sie offen! Steuern Sie nur langsam auf das Gesprächsziel zu!
Ausnahmen stellen jüngere Leute dar, die bereits mit dem amerikanischen Führungsstil konfrontiert wurden. Diese können schon etwas zielstrebiger handeln, der Rhythmus eines Gesprächs muss jedoch dem Anderen überlassen werden.