Eine effiziente Direktakquise in Frankreich

Veröffentlicht am | Von Gilles UNTEREINER

Auszug aus der Veröffentlichung "Frankreich lohnt sich" 

 

Dies ist die sinnvollste Methode für die Ansprache von Key Accounts.

Allerdings ist Direktakquise kein einfaches Mittel. Französische Außendienstmitarbeiter sind in der Regel aggressive Akquisiteure – „Si tu ne rentres pas par la porte, tu passes par la fenêtre“ (wenn Du nicht durch die Tür rein kommst, probiere es durch das Fenster) – und praktizieren eine strukturierte Telefonakquise.

Als Konsequenz schirmen sich französische Entscheider ab und lassen die Anrufe durch Zentrale und Assistenten stark filtern.

Struktur der Telefonakquise in Frankreich

Im ersten Schritt geht es darum, den Ansprechpartner, den „Décideur“ (Entscheider) zu identifizieren und in Bezug auf das Anliegen zu sensibilisieren.

1) Wen ansprechen?

Deutschland

Die Aufgaben sind meist alle schön sauber auf verschiedene Positionen im Unternehmen verteilt, die in keinem Fall umgangen werden möchten. Daher spricht man in Deutschland unbedingt den „richtigen“ Ansprechpartner auf operativer Ebene an, das heißt einen Einkäufer bzw. einen Techniker.

Frankreich

In der zentralisierten Welt Frankreichs ist es nicht verboten, auch Vorgesetzte anzusprechen, wenn man den Experten nicht identifizieren kann.

2) Wie ist der Entscheider zu erreichen?

Deutschland

Die Funktion der Zentrale und der Assistenten in Deutschland ist es, den Kontakt herzustellen. Sie stellen sehr leicht durch und wenn man den Ansprechpartner noch nicht kennt, helfen sie sogar oftmals, ihn zu ermitteln. Sie fungieren als echter Wegweiser.

Frankreich

Die Funktion der Zentrale und der Assistentinnen in Frankreich unterscheidet sich von der in Deutschland:

Während die „deutsche Zentrale“ fragt „Wen wollen Sie sprechen?“, fragt die „französische Zentrale“ „Warum wollen Sie jemanden sprechen?“ – ihre Funktion ist es, die Zeit der französischen „Multitasking Entscheider“ zu sparen und Anrufer, die keinen plausiblen Anrufgrund angeben können, abzuweisen.

Dementsprechend muss man unbedingt einen Anlass zur Kontaktaufnahme vorbereiten: Coupon, Telefonat, Angebot, Empfehlung. Franzosen sind Netzwerkmenschen; wenn man sich auf einen bereits vorhandenen Kontakt beziehen kann, ist es ideal.

Falls der Ansprechpartner mehrmals nicht zu erreichen ist, sollte man so lange Druck ausüben, indem man immer wieder versucht anzurufen (jeden Tag), bis man durchgestellt wird, einen Terminvorschlag oder eine Handy-Nummer erhält.

Empfehlenswert ist es auch, nach 18.00 Uhr anzurufen, denn zu dieser Uhrzeit sind die „Gatekeeper“ schon zu Hause und die Entscheider gehen gegebenenfalls selbst ans Telefon.

3) Das Gespräch mit dem Entscheider

Deutschland

Das erste Gespräch muss kurz und bündig sein.

Frankreich

Die Telefonakquise bzw. der zeitliche Aufwand, bis man den richtigen Ansprechpartner erreicht hat, ist in Frankreich dreimal so hoch wie in Deutschland. Jedoch lohnt sich dies auch.

Während in Deutschland ein Erstgespräch selten länger als 3 bis 5 Minuten dauert, hat man in Frankreich wesentlich mehr Zeit. Ist es gelungen, den Entscheider zu sprechen, so kann man sehr oft eine ausführliche Bedarfsanalyse bzw. eine strukturierte Vorargumentation durchführen.

Somit kann ein Telefonat ein interessanter Erfahrungsaustausch bzw. ein konstruktives Gespräch mit Informationsgewinnung werden.

Dementsprechend muss die Telefonakquise sorgfältig vorbereitet und eine ausführliche Fragen-Checkliste ausgearbeitet werden.

Dafür muss man jedoch das Interesse des Ansprechpartners wecken.

Um Interesse zu wecken, sollte man nicht sofort mit dem Angebot „losschießen“, da die Gefahr dabei groß ist, abgewiesen zu werden.

Wichtig ist dabei nicht „unser Produkt“; den Individualisten muss man nach „seinen Bedürfnissen“ und „seinen Problemen“ fragen und ihn mit einer gezielten Fragetechnik aus der Reserve locken.

Dafür eignet sich die Gesprächstechnik APISA, die folgendes Vorgehen vorsieht:

Attention:

Kurze Selbstdarstellung und Überprüfung des Tätigkeitsbereichs

Problem:

Teasen! In jeder Branche gibt es Probleme, Engpässe usw. Es bietet sich an, ein solches Thema anzusprechen, um damit die eigene Fachkompetenz zu beweisen („Bei … haben Sie bestimmt dieses Problem …“ – „ Sie wollen doch bestimmt Lieferanten, die … anbieten“).

Ist-situation:

Die Frage „Wie haben Sie dieses Problem gelöst“ impliziert die Frage, ob das Problem tatsächlich bereits gelöst wurde. Hierbei geht es darum, sich durch das gezielte Stellen von Fragen für die Problematik des Kunden zu interessieren.

Man beginnt mit offenen Fragen und geht im Laufe des Gespräches zu verschiedenen geschlossenen Fragen über, um die genaue Problematik des Kunden zu ermitteln, bevor man argumentiert.

Solution:

Erst jetzt wird argumentiert.

Sobald man auf die individuellen Probleme bzw. Schwachstellen des Kunden eingegangen ist, bietet man nun seinen eigenen Service als ultimative Problemlösung an. Dabei kann man auf die eigenen USPs, auf Garantieleistungen sowie auf Referenzen eingehen.

Action:

Im letzten Schritt geht es darum, konkret zu handeln, d.h. einen Termin zu vereinbaren.

Franzosen sind generell neugierige Opportunisten. Öfters empfangen sie jemanden, selbst wenn kein tatsächlicher Bedarf besteht – „Passez toujours, on verra bien …“ („Schauen Sie mal vorbei und wir werden schon sehen“).

Daher sollte man genau selektionieren, welche Termine man wahrnimmt, und bei welchen potentiellen Kunden tatsächliches Interesse besteht, um „Kaffeefahrten“ zu vermeiden.

Mail:

Deshalb empfiehlt sich zuerst die Zusendung von Unterlagen, um dem Ansprechpartner einen umfassenden Einblick zu gewähren und um einen Anlass zu haben, weitere Fragen stellen zu können.

Call 2:

Nachfassen und qualifizieren.

Hierbei geht es darum nachzuprüfen, ob der potentielle Kunde erkannt hat, in welchen Punkten er unterstützt werden kann. Dann muss das Hauptinteresse des Kunden herausgefunden und geklärt werden, wo noch Informationsbedarf besteht.

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