Der Konsumgütermarkt in Frankreich

Veröffentlicht am | Von Gilles UNTEREINER

Auszug aus der Veröffentlichung "Frankreich lohnt sich" 

Kaufkraft

Die Kaufkraft der Franzosen liegt lediglich 10 Prozent unter jener der Deutschen und ist somit von großer Bedeutung. Allerdings ist das Konsumverhalten im Sinne der Ausgaben-Priorität in Frankreich grundlegend anders als in Deutschland.

Kaufmotivation

Deutschland

Gebrauchsgüter

Die primäre Kaufmotivation der Deutschen ist die Sicherheit. Man legt besonderen Wert auf Qualität, Beständigkeit, Zuverlässigkeit, Nutzen und Langlebigkeit. Eine sekundäre Motivation ist ein ostentatives Vorzeigen von Konsumgütern als Statussymbol. In diesem Fall ist der Konsument zwar zum Geldausgeben bereit, möchte aber für sein „gutes Geld“ (und sein Image) nur das Beste! Dies gilt insbesondere für Autos und Häuser, für die Deutsche wesentlich mehr Geld ausgeben als Franzosen: Für Autos geben Deutsche rund 40 Prozent und für Häuser etwa 50 Prozent pro Quadratmeter mehr aus als Franzosen.

Verbrauchsgüter (Güter des täglichen Bedarfs)

FMCG: Fast moving Consumer goods

Bei der Anschaffung von Auto und Haus wurde viel Geld ausgegeben. Jetzt wird gespart. Ausschlaggebender Faktor ist jetzt der Preis, wobei der Konsument in diesem Fall nicht mehr nach dem Besten, sondern nach dem „Günstigsten für sein teures Geld“ strebt. Jede Anschaffung muss gut überlegt sein. Günstig einzukaufen bedeutet klug zu sein, ein „smart shopper“ zu sein. Die „Schnäppchenjagd“ in Deutschland hört nie auf.

Dieses Verhalten wird systematisch durch verschiedene Werbekampagnen wie etwa durch die berühmten „ich bin doch nicht blöd“ oder “Geiz ist geil” Slogans nach dem impliziten „Spar Dich satt Prinzip“ unterstützt. Im Lebensmitteleinzelhandel hat der Discount mittlerweile einen Marktanteil von fast 44 Prozent erreicht. Der deutsche Konsument ist auf der einen Seite äußerst qualitätsbewusst, neigt aber auf der anderen Seite zu ausschließlich auf niedrigen Preisen beruhenden Kaufentscheidungen. Man lebt von dem, was nach den Investitionen in Haus und Auto übrigbleibt.

Frankreich

Verbrauchsgüter (Güter des täglichen Bedarfs)

FMCG: Fast moving Consumer goods

In Frankreich stellt der Genuss im privaten Leben einen weitaus höheren Stellenwert dar als in Deutschland. Dabei spielt die emotionale Dimension eine tragende Rolle. In Frankreich besteht die Kaufmotivation hauptsächlich aus Sympathie – man hat Spaß daran – sowie aus Interesse an Neuheiten. „Neu“ wird grundsätzlich positiv wahrgenommen.

In individualistisch geprägten Ländern hat man festgestellt, dass zum Beispiel im Jahre 1960 noch 95 Prozent des Umsatzes mit Produkten generiert wurden, die schon mehr als zehn Jahre auf dem Markt waren. In den letzten Jahren hingegen wurden ungefähr 70 Prozent des Umsatzes mit Produkten generiert, die noch keine sieben Jahre auf dem Markt sind und 50 Prozent des Umsatzes mit Produkten, die vor fünf Jahren noch nicht existierten. Das bedeutet: Klare Chance für neue Anbieter.

Bei den Verbrauchsgütern handelt der Franzose nach dem Motto “ich will das Beste für mein gutes Geld“, denn „ich will hier wirklich leben wie Gott in Frankreich”, oder wie ein Werbeslogan besagt “Living well is the best revenge”. Hier kennt man einen sehr regen, spontanen Konsum. Der französische Konsument widmet dem Preis kaum Aufmerksamkeit und greift nach allem, was man ihm in den Regalen unter die Nase hält. Er hat generell eine geringere Preissensibilität als der deutsche Konsument. Dadurch können sich die Unternehmen viel bessere Margen leisten. Bei höherwertigen Lebensmitteln ist es nicht selten, dass der Franzose einen Preis von über 30,- € pro Kilo ausgibt. Sparsam sein, heißt kleinlich sein. In Frankreich kauft man im Lebensmittelbereich nur dann „billig“ ein, wenn es nicht anders geht.

Lebensmitteldiscounter wurden größtenteils durch deutsche Handelshäuser (Aldi, Lidl, Norma) in Frankreich eingeführt – erreichten  14 Prozent Marktanteil. Seit   2012 ist der Discount rückgängig und liegt jetzt bei 12 % Markanteil.

Abgesehen davon mussten die deutschen Discounter ihr Angebot an den französischen Markt anpassen und letztendlich Marken ins Sortiment aufnehmen.

Gebrauchsgüter (Investitionsgüter)

Auch in diesem Bereich besteht die Kaufmotivation für Franzosen primär aus Sympathie und Gefallen, aus dem Reiz des Neuen und aus Komfortgründen. „Neureich“ wird negativ betrachtet und ostentative materielle Statussymbole sind nahezu verboten. Nur „Neureiche” wagen es, Luxusautos zu fahren. Autos stellen einen Gebrauchs- und weniger einen Statutsartikel dar. In diesem Sinne lautete der Werbeslogan von Renault „Voitures à vivre“. Bezüglich Autos und Häuser investiert der Franzose das, was ihm übrig bleibt, nachdem er gut gelebt hat.

Märkte in Frankreich

Der Lebensmitteleinzelhandel

Die sogenannten GSA – Grandes Surfaces Alimentaires – bilden eine sehr interessante, wenn auch nicht sehr einfach zugängliche Kundschaft.

Es dauert sehr lange, bis man in diesen Einkaufsgesellschaften gelistet wird. Es gibt langwierige Verhandlungen, im Zuge derer Listungsgebühren sowie Werbekostenzuschüsse, Mengenrabatte und Jahresboni (in Einzelfällen bis zu 35 Prozent) verlangt werden. Allerdings kann man sich in der Regel wesentlich höhere Margen leisten als in Deutschland, da der Konsument mehr auszugeben bereit ist.

Die MDD – Marques de Distributeurs – (also Handelsmarken), die Private Labels, repräsentieren mit 36,5% einen bedeutenden Marktanteil. Last but not least – die Premier prix – die Einstiegspreise.

Fachmärkte 

Zu den Märkten im Lebensmitteleinzelhandel gibt es eine ganze Reihe von GSS – Grandes Surfaces Spécialisées – also von Fachmärkten in den verschiedensten Branchen.

Lebensmittelfachgeschäfte

Die Fachgeschäfte für Lebensmittel, wie Bäckereien, Konditoreien und Metzgereien, inklusive der Handwerksbetriebe, stellen mittlerweile nur noch 7,7 Prozent des gesamten Marktanteils dar.

Warenhäuser

Les Galeries Lafayette, Le Printemps, Les Nouvelles Galeries, Au Bon Marché und le BHV zeichnen sich durch ein hohes Qualitätsniveau aus. Somit bieten diese eine interessante Möglichkeit zur Durchführung von Markttests und können auf diesem Wege als Referenz für den Fachhandel geltend gemacht werden. Leider stellt diese Art von Kaufhäusern mittlerweile nur noch einen Marktanteil von 1,3 Prozent dar.