Strategie & Vertrieb in Frankreich

Veröffentlicht am | Von Gilles UNTEREINER

Auszug aus der Veröffentlichung "Frankreich lohnt sich" 

 

Frankreich ist der zweitgrößte Markt in Europa und gehört zum natürlichen „Einzugsgebiet“ jedes deutschen Unternehmens. Ziel sollte es sein, in Frankreich mindestens 10 bis 15 Prozent des Gesamtumsatzes des Unternehmens zu generieren.

Einfach loslegen und schauen ob etwas daraus wird? Davon ist abzuraten, denn „Hin und her macht Taschen leer“, so heißt es in Deutschland. Der Markteintritt in Frankreich ist ein strategischer Schritt. Er ist nur dann sinnvoll, wenn man zum systematischen Marktaufbau bereit ist.

„Früher haben sich die Kunden um die Ware gestritten“ beschwerte sich kürzlich ein deutscher Exportleiter. So einfach ist es leider nicht mehr, auch der französische Markt ist heute stark umkämpft. Frankreich ist ein Verdrängungsmarkt.

Außerdem gelten für den französischen Markt andere Geschäftsregeln. Man sollte nicht versuchen, ihn mit der gleichen Vorgehensweise zu bearbeiten, mit der man etwa in Holland oder in Österreich erfolgreich ist.

Im Sinne von “Be global, but act local” bedarf der erfolgreiche Markteintritt in Frankreich einer intensiven, auf die Bedürfnisse des französischen Marktes zugeschnittenen Vorbereitung und einer gut durchdachten strategischen Entscheidung.

Nicht mit jeder Vertriebsart erreicht man seine Ziele: Je komplexer das Produkt (erklärungsbedürftige Produkte bis hin zu Individuallösungen) und je strategischer die Zielgruppe (Key Accounts), desto mehr muss in den Markt investiert werden, um Marktanteile zu gewinnen und sich im Markt zu verankern.

Öfters erkundigt man sich über die Produkte die in Frankreich gefragt werden? Frankreich ist ein gesättigter Markt und hat eine eigene Industrie. Aus diesen Gründen sollte man nicht fragen was gefragt ist, sondern welche Produkte im Umlauf sind und bei welchen man sich einen Marktanteil erkämpfen könnte. 80 % des Warenaustausches zwischen Frankreich und Deutschland ruhen auf denselben Produkten. Dies bezeugt, dass jedes Unternehmen das über ein Minimum an Know-how verfügt, mindestens 15 % seines nationalen Umsatzes in Frankreich realisieren sollte.

Die Wege zum französischen Markt

Die Ansiedlung der Glocos und grossen Mittelständler in den Zielmärkten erfolgt vorerst über Vertriebsstrukturen und ggfs. Produktionseinheiten.

KMUs dagegen praktizieren nicht immer einen durchdachten Business Development. Das Wachstum ruht auf einem hohen Maß an Innovationen, einer Spezialisierung und einer außerordentlich hohen Kundenbindung. Mann wächst mit dem Kunden und dessen Kontakte d.h. man praktiziert Beziehungsmarketing.

Wenn man Auslandsmärkte erschließen will, dann reicht dies nicht mehr, man muss anders vorgehen.

Internationale Aktivitäten können über verschiedene Wege entwickelt werden

1.Netzwerke, Geschäftsgelegenheiten, Marktchancen. Das reicht wenn internationale Kontakte nur am Rande gesucht werden.

2.Pures Business Development – wenn eine stetige Internationalisierung beansprucht wird, heißt es, eine regelrechte Strategie aufzubauen mit:

  • Ziel: eine Kombination von Markt und Angebot
  • Zeit: mindestens 2 bis3 Jahre Aufbau pro Markt
  • Mittel: regelrechter Aufbau einer Vertriebsorganisation.
    • Organisches Wachstum: Cross-border Akquise oder Aufbau einer Sales Force
    • Externes Wachstum: Firmenakquise bzw. strategische Allianzen

Dies bedarf:

  • einer genauen strategischen Überlegung,
  • eines Businessplans über 3 bis 5 Jahre,
  • ordentlicher Marktkenntnisse um effizient investieren zu können.

Vertriebspartner

Der Einsatz von Vertriebspartnern ist eine Lösung die meistens zu « light » ist um echte Marktanteile zu gewinnen. Dafür braucht man eine eigene Vertriebsstruktur, was selbstverständlich einige Investitionen voraussetzt.

Standardprodukte

Diese können durch Vertriebspartner wie Großhändler und Handelsvertreter vertrieben werden.

Dabei müssen folgende Punkte überlegt werden:

  • Einsatz welcher Art von Vertriebspartnern: Importeure, Großhändler, Handelsvertreter, sonstige?…
  • Nationalweit tätiger Partner (wohlbemerkt, keiner wird sich an uns interessieren solange wir noch ein « no name » sind) oder Aufbau eines Netzwerkes von mittleren und kleinen Akteuren?
  • Die vertraglichen Aspekte: Sortiment, Kundschaft, Gebiet, Margen, Lager, Garantien, Exklusivität usw.
  • Gute Vertriebspartner haben meistens schon ein sehr breites Sortiment und wollen die gesamte Palette verkaufen, so dass sie, ohne besondere finanzielle Unterstützung, einen bestimmten Mandanten bzw. Lieferanten nicht bevorzugen werden. D.h. es empfiehlt sich, ein Budget vorzusehen und gegebenenfalls einen auf unsere Produkte spezialisierten Außendienstmitarbeiter während 6, 12 bzw. 24 Monate zu finanzieren
  • Die Finanzierung von Messeteilnahmen, Werbung, POS Maßnahmen sollte auch vorgesehen werden.

Vertriebspartner sind besonders effizient bei dem Vertrieb von Standardprodukten an kleinere und mittlere Accounts, sind jedoch weniger geeignet für die Bearbeitung von Key Accounts und dies ganz besonders wenn es sich um beratungsbedürftige Produkte handelt.

Beratungsbedürftige Produkte

Voraussetzungen für den Vertrieb solcher Produkte:

  • Eine durchdachte Strategie und der Ausbau eines Zielkundenportfolios
  • Eine gezielte Ansprache und intensive Akquise, wofür sich die Vertriebspartner grösstenteils die Zeit nicht nehmen aus dem einfachen Grund, dass sie vorzugsweise ihre Bestandskunden bearbeiten und ihre Tourenplanung für einen besonderen Mandanten/Lieferanten nicht beeinträchtigen werden
  • Eine sehr intensive Argumentation, was einer ebenso intensiven technischen Schulung bedarf, wofür Vertriebspartner meistens leider keine Zeit haben
  • Eine hartnäckige Akquise, was Vertriebspartner meistens nicht unternehmen, da sie ihre werten Bestandskunden nicht mit den Produkten eines bestimmten Mandanten/Lieferanten belästigen wollen
  • die Ausarbeitung von individuellen Angeboten und ein intensives Projektmanagement, was ein Vertriebspartner in der Regel nicht unternimmt, so dass im Endeffekt diese Aufgaben durch den Mandanten bzw. Lieferanten erledigt werden müssen. Der Vertriebspartner dient also nur als Türöffner, unterhält seine Provisionen für Folgegeschäfte, wenn er auch nur geringfügig im Einsatz ist.

Projektgeschäfte unterliegen meistens einem sehr langen Verkaufszyklus, so dass die Vertriebspartner öfters aufgeben, da sie auf kurzfristige finanzielle Einkünfte angewiesen sind.

Dadurch werden folgende Lösungen empfohlen:

Organisches Wachstum

Rekrutierung von eigenen Außendienstmitarbeitern

Der Mann der ersten Stunde muss unbedingt bei der gezielten Kundschaft bereits eingeführt sein und verwandte Produkte verkauft haben. Um dies zu gewährleisten muss man alle möglichen Suchmittel einsetzen ; sowohl die Schaltung von Anzeigen als auch die Direktakquise. Im Letzteren Fall, wenn man jemand abwerben will, muss man mit 20 bis 30 % Mehrkosten rechnen aufgrund des doppelten Risikos für den Bewerber ; neuer Anbieter am Markt und ausländisches Unternehmen.

Dabei empfiehlt es sich ebenfalls, eine Geschäftsstelle in Frankreich zu öffnen, entweder ein Verkaufsbüro oder eine Tochtergesellschaft, um verschiedenen Aspekten Rechnung zu tragen: Kommunikation, Service und Image. Die Präsenz vor Ort ist ein Beweis für die Nachhaltigkeit des Unternehmens am Markt.

Markttest

Falls noch keine Erfahrung besteht bezüglich Markt und Positionierung seines Sortimentes, empfiehlt es sich, einen vorherigen Markttest durchzuführen.

Cross-border Direkt-Akquise

Wenn man über eigene zweisprachige Außendienstmitarbeiter verfügt, können sie beauftragt werden, den Marktest durchzuführen, allerdings sollten sie zum Umgang mit Franzosen grundsätzlich geschult werden, da in Frankreich sowohl Akquise als auch Verhandlung anders ablaufen als in Deutschland.

Outsourcing des Markttests

Wenn man nicht über eigene französischsprechende Außendienstmitarbeiter verfügt, ist es empfohlen, diesen Test outzusourcen.

Externes Wachstum

Durch die Wettbewerbslage in Europa und einen gewissen lokalen Ethnozentrismus kann eine klassische, vertriebliche Herangehensweise an diese Märkte sich als zufallsbedingt entpuppen.

 Um umfangreiche Marktanteile zu gewinnen und gleichzeitig die Ablehnungsrisiken so gering wie möglich zu halten ist es wichtig, sich zu stützen auf:

  • das Image ,
  • das Marktpotenzial,
  • das technische Potenzial und den Service, insbesondere den Kundendienst einer ortsansässigen Struktur mit „Rang und Namen“.

Die Vorteile von strategischen Allianzen und Firmen- bzw. Anteilserwerb:

  • Höhere Marktakzeptanz durch die Nutzung eines bereits existierenden Images,
  • Schnelle Positionierung auf stark umkämpften Verdrängungsmärkten durch die Nutzung des vertrieblichen Know-hows des anderen Unternehmens
  • Leichterer Zugang zu den Märkten durch die Nutzung der existierenden Listung des anderen Unternehmens
  • optimaler Kundendienst

Darüber hinaus:

  • Sicherung der gewonnenen Marktanteile
  • Optimierung des Außendienstes beider Unternehmen durch das Anbieten eines breiteren Sortiments (dies ist besonders dann sehr wichtig, wenn man selbst nur über ein kleines Sortiment verfügt)

Firmenerwerb

Um erfolgreich ein französisches Unternehmen zu übernehmen, ist es wichtig folgende Punkte zu bedenken:

  • Unter Berücksichtigung der sozialen und kulturellen Gegebenheiten sollten nur mit denjenigen Firmen Vertragsverhandlungen geführt werden, die hinsichtlich ihres Know-hows eine echte Ergänzung darstellen. Andernfalls kommt es häufig zu Konflikten.
  • Um ideale Zielunternehmen mit optimaler Marktpositionierung und komplementärer Produktpalette zu finden, ist ein organisierter Suchprozess notwendig. Denn nur in den seltensten Fällen ist das erstbeste Unternehmen, das Interesse zeigt, die Optimallösung.

Zur Identifizierung des idealen Unternehmens müssen vorab folgende Schritte durchgeführt werden:

  • Profildefinition des Idealkandidaten unter Berücksichtigung der angestrebten Synergieeffekte und der gewünschten Vertriebsstruktur
  • Aufbau eines umfassenden Portfolios von Zielunternehmen
  • Kontaktaufnahme mit einer möglichst großen Anzahl von Zielunternehmen. Im Rahmen der ersten Gespräche ist darauf zu achten, dem Zielunternehmen Alternativen aufzuzeigen, um seine Verhandlungsbereitschaft zu steigern
  • Vermeidung voreiliger Vertragsabschlüsse zur Risikominderung bezüglich des Nichteintretens erhoffter Synergieeffekte

Frankreich ist ein vielseitiger Wirtschaftsraum, der zwangsläufig zahlreiche Möglichkeiten für Unternehmenspartnerschaften bietet. Diese gilt es zu finden.

Strategische Allianzen

Das technische Know-how des Partners sollte sich von Ihrem Know-How so deutlich unterscheiden, dass die Gefahr des gegenseitigen Kopierens ausgeschlossen ist (das Produktportfolio sollte sich ergänzen/ Ziel sind positive Synergien)

Dabei sollte man beachten, dass es ein Industriepartner und keine Vertriebsorganisation ist, und dass sich der Außendienst jeweils auf den Vertrieb des eigenen Sortiments konzentriert.

Um zu erreichen, dass das Vertriebsteam des Partners alle, sprich auch die eigenen Produkte verkauft, muss man unbedingt Zugang zu den einzelnen Vertriebsmitarbeitern haben. Nur so hat man die Möglichkeit, diese hinsichtlich der Produkte zu schulen und gemeinsame Verkaufsziele in Verbindung mit Boni zu vereinbaren.

Selbstverständlich räumt ein Partner Ihnen solche Möglichkeiten nur dann ein, wenn von Ihrer Seite eine Gegenleistung erfolgt. Das bedeutet, dass Sie im Gegenzug seine Produkte in Deutschland verkaufen und ihm Einfluss auf Ihr Vertriebsteam gewähren sollten.

Deshalb muss im Vorfeld definiert werden, welche Produkte idealerweise in Ihr Sortiment passen könnten.

Diese Lösung ist sinnvoll, wenn in Ihrem Unternehmen die Bereitschaft dazu vorhanden ist.

Stößt dieser Ansatz in Ihrem Unternehmen auf Widerstand, besteht die Möglichkeit einen französischen Wettbewerber in Form einer Firmenübernahme aufzukaufen.

 

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